CEDADE - Círculo Español de Amigos de EuropaIm Januar diesen Jahres wurde Juan Ramón Rodríguez Fernández in Amsterdam verhaftet. Seinem Auslieferungsantrag zufolge wird er verdächtigt, Informationen über Rechtsextreme in Spanien gesammelt und diese Informationen an eine ETA-Zelle in Barcelona weitergegeben zu haben. Die spanische Justiz nennt als Beispiel den Gründer und Vorsitzenden von CEDADE. Als Antwort auf Fragen der niederländischen Justiz behauptet der spanische Staatsanwalt jedoch, "Juanra hat keine Informationen über rechtsextreme Gruppen geliefert. Die Ziele der ETA und GORBEA waren Mitglieder von Partido Popular und Partido Socialista". In einer späteren Antwort schreibt der Staatsanwalt auch noch, daß "die von Juanra ausgearbeitete Information sich unter anderem auf den Vorsitzenden und Gründer der Unternehmerorganisation CEDADE bezieht, dessen Person Beziehungen zur Partido Popular hat, die eine parlamentarische Mehrheit in Spanien hat". CEDADE eine Unternehmerorganisation zu nennen, ist schon eine sehr unschuldige Charakterisierung dieser Organisation. Der Círculo Español de Amigos de Europa bzw. CEDADE ist nämlich bekannt als Herausgeber einer nationalsozialistischen und negationistischen Zeitschrift und als Organisator von Franco-Gedenkfeiern. Daneben nimmt sie nach Spanien geflüchtete Nationalsozialisten unter ihre Obhut, sowohl von der Zweiten Weltkriegsgeneration wie auch von späteren Generationen. Die Organisaton ist über die Buchhandlung Europa (Eigentum des Vorsitzenden Pedro Varela) ein zentraler Punkt in einem internationalen Netzwerk zur Verbreitung und Publikation von Nazipropaganda und negationistischer Literatur. CEDADE wurde 1960 als spanische kulturelle Studierendenorganisation gegründet. Unter dem Franco-Regime gab es jeden Raum für den Aufbau einer Organisation, die eine Hitlerverehrung hochhält. CEDADE wurde von dem Regime als offen nazistische Organisation geduldet und sie bekam dann auch in diesen Jahren eine wichtige Rolle innerhalb Europas. Als ein relativ sicherer Zufluchtsort wird Spanien an eine Reihe Kriegsverbrecher und Naziideologen Unterschlupf bieten. In der Organisation bildete sich bereits schnell ein Kern von Falangisten (Anhänger des faschistischen Diktators Franco). Daneben finden auch deutsche Ex-SSer, italienische Faschisten und ehemalige spanische Ostfrontkämpfer einen Unterschlupf. Sie erweitert sich zu einem wichtigen internationalen Nazinetzwerk. CEDADE organisiert einen Kern von Jüngeren, bestehend aus circa 2000 Militanten, die regelmäßig Trainingscamps abhalten. Die Trainingscamps haben illustre Namen wie Camp Rudolf Hess' und auf einem dieser Camps ist der deutsche rechtsextreme Terrorist Manfred Roeder Ausbilder. Im Laufe der Zeit bilden sich neben der ursprünglich in Barcelona etablierten Hauptorganisation auch Abteilungen beispielsweise in Madrid, Frankreich und Deutschland. Einer der wichtigsten Anführer aus der Anfangsphase von CEDADE ist Otto Skorzeny. Der Alt-SS-Kommandant befreite 1943 Benito Mussolini aus seiner alliierten Gefangenschaft. Nach den Zweiten Weltkrieg ist er unter anderem bei der Organisierung der Schwarzen Internationale' beteiligt, ein Zusammenschluß von internationalen rechtsextremistischen und nazistischen Gruppen. Auch ist er - mit Gerd Honsik, siehe weiter unten - Mitautor des Buches Freispruch für Hitler', ein Plädoyer für Hitlers Unschuld. Otto Skorzeny fing in Spanien auch den geflüchteten niederländischen Kriegsverbrecher Auke Pattist auf. Dieser ehemaliger Amsterdamer Polizist nahm am Beginn des Zweiten Weltkrieges an verschiedenen Razzien gegen Juden in Amsterdam teil und schloß sich später der Waffen-SS an. Pattist war darüberhinaus verantwortlich für die Verhaftung, Folterung und für das Verschwinden einer großen Gruppe von Widerstandskämpfenden. Er wurde nach dem Krieg zum Tode verurteilt. Ein Ersuchen an Spanien um seine Auslieferung bleibt fruchtlos. Ein anderer Nazi-Flüchtling in Spanien ist Leon Degrelle, der wallonische Leiter der nazistischen Rex-Partei und Anführer der wallonischen Abteilung der Waffen-SS. Er ist mit Otto Skorzeny einer der anderen Organisatoren der frühen CEDADE. Auch Degrelle wurde in seinem Geburtsland zum Tode verurteilt. Der Wallone ist nach dem Zweiten Weltkrieg öffentlich Leugner des Holocaust und der Gaskammern. Als das Franco-Zeitalter zu Ende ging, suchten viele Falangisten bei CEDADE Unterschlupf. Die Organisation übernimmt es ab dieser Zeit, die nationalen Franco-Gedenkfeiern zu organisieren. Daneben werden Hitler-Gedenkfeiern und internationale faschistische Versammlungen organisiert. Der Stellenwert des Franco-Faschismus' wird hochgehalten. Für die Organisation bedeutet dies den Zugang zu guten Kontakten mit der spanischen Polizei, der Guardia Civil sowie der Justizmacht, wo (dann) noch viel Franco-Anhang beschäftigt ist. CEDADE kann hierdurch seine Funktion als Auffangbecken für flüchtende Nazionalsozialisten ungestört erfüllen. Das macht sie dann auch für eine neue Generation von Nachkriegsflüchtigen. Einer der bekanntesten Unterschlupfsucher bei CEDADE ist Gerd Honsik. Der Österreicher flüchtete 1993 nach Spanien, nachdem ein österreichisches Gericht gegen ihn eine Gefängnisstrafe von einundeinhalb Jahren für Holocaust-Verleugnung verhängt hatte. Er fragte in Spanien politisches Asyl an, was aber abgewiesen wurde. Einmal in Spanien wird er sehr aktiv bei CEDADE und publiziert das antisemitische Blatt Halt. 1994 wurde Honsik öffentlich zusammen mit dem alten Wehrmachtskommandanten Otto Ernst Remer wahrgenommen. Remer hat seine Bekanntheit der Tatsache zu verdanken, daß er einen Anschlag von SS-Offizieren auf Hitler vereitelte. 1992 erhielt er eine 22-monatige Gefängnisstrafe nach der Veröffentlichung eines Artikels über Auschwitz-Lügen'. Das veranlaßte ihn, nach Spanien zu flüchten. Auch der niederländische Ex-NSBer und Ex-Ostfrontler Paul van Tienen hatte seine letzten Tage in Spanien unter den Fittichen der CEDADE verbracht. Van Tienen war nach dem Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden bekannt als einer der fanatischsten Anhänger des Wiederaufbaus des nationalsozialistischen Gedankenguts. Er wurde 1953 als Vorstandsmitglied der Nationalistischen Europäischen Sozialistischen Bewegung (NESB) verurteilt, einer Nachfolgerin der NSB. Van Tienen leitete bis 1965 in Den Haag eine Buchhandlung und importierte Nazi-Literatur. Er wurde für das Verkaufen von Hitlers Sein Kampf gegen die Minusseele' verurteilt und flüchtete schließlich nach Spanien. Das Verbreiten von nationalsozialistischer und negationistischer Literatur und Propaganda ist seit Jahren eines der Hauptziele von CEDADE. In dem relativ sicheren Franco-Spanien konnte an einem internationalen Netzwerk zur Verbreitung von Literatur, Blättern und Artikeln gearbeitet werden. Die Themen variieren von der Rehabilitierung von Hitlers Gedankengut bis hin zum Leugnen des Holocaust und dem Verbreiten des Mythos' rund eines jüdischen Weltkomplotts. Die eigene Publikation von CEDADE, die gleichlautende Zeitschrift, besteht größtenteils aus Artikeln der gleichen Art. Artikel über Rassentheorien und die Überlegenheit der weißen Rasse und das Anzweifeln des Holocaust, Hommagen an einstigen Nazis und Informationen über die Aktivitäten der eigenen Organisation bilden den Löwenanteil des Inhalts dieser Zeitschrift. Das Herz des heutigen Netzwerkes ist die Buchhandlung Europa in Barcelona. Der Eigentümer des Buchhandels, Pedro Varela, ist gleichfalls der Präsident von CEDADE. Varela mußte sich 1992 in Österreich vor einem Gericht verantworten, nachdem er auf einem Treffen der Arbeitsgemeinschaft für Demokratische Politik' den Holocaust eine Erfindung der Juden in Hollywood' und Hitler den zweiten Erlöser' genannt hatte. Er wurde jedoch freigesprochen, weil er die Jury zu überzeugen wußte, daß er nicht wußte, daß solche Aussprachen im Widerspruch zum österreichischen Gesetz stehen. 1993 fing die katalanische Regierung nach der Verabschiedung eines spanischen Antirassismus-Gesetzes an, Schritte gegen die Buchhandlung Europa und gegen Varela zu unternehmen. Unter Druck von jüdischen und Antirassismus-Organisationen wurde schließlich 1996 durch die Polizei eine Hausdurchsuchung bei der Buchhandlung Europa durchgeführt. Es wurden mehr als 7000 nazistische und negationistische Bücher, Zeitschriften, Flugblätter und Artikel beschlagnahmt. Bei der Hausdurchsuchung wurde auch eine illegale Druckerei gefunden, in der diverse nazistische Zeitschriften und Bücher gedruckt wurden. In dem folgenden Prozeß gegen Pedro Varela wurde er in erster Instanz zu fünf Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, davon zwei Jahre für Holocaustverleugnung und drei Jahre für Anstiftung zum Haß. Varela bleibt jedoch auf freiem Fuß. Er wurde in zweiter Instanz freigesprochen, weil die Ansicht besteht, daß Varelas Meinungsfreiheit zur Diskussion stehe. Der Fall wurde jedoch ans konstitutionelle Gericht zurückverwiesen. Der oberste Gerichtshof ist nämlich der Meinung, daß bei der Anwendung des neuen Antirassismus-Gesetzes Verfahrensfehler gemacht wurden. Dieses Gericht schickte die Sache seinerseits wieder zurück an den obersten Gerichtshof für eine neue Anhörung. Diese Schritte sorgten für eine große Verzögerung im Fortgang des Prozesses, so daß bis jetzt noch immer kein definitives Urteil in dieser Sache gefällt ist. Die Buchhandlung Europa kann hierdurch weiterhin ihre Türen offenhalten. Während einer Demonstration gegen die Buchhandlung im Jahre 1999 wurde diese jedoch durch Demonstrierende gestürmt und leergeräumt. Die Bücher wurden auf der Straße verbrannt. Obwohl sich CEDADE 1993 offiziell aufgelöst haben soll, wird die Organisation schon in den Kontext des Auslieferungsersuchens von Juan Ramón Rodríguez Fernández genannt. Indem anfangs behauptet wird, daß Juan Informationen über Rechtsextreme geliefert haben solle und insbesondere über den Vorsitzenden und Gründer von CEDADE, leugnet die spanische Justiz nicht, daß CEDADE eine rechtsextreme Organisation ist. Zu einem späteren Zeitpunkt versucht die spanische Justiz dies jedoch zu entkräften durch die Beziehungen des Vorsitzenden von CEDADE zu der Partido Popular anzuführen und CEDADE damit ein anständiges' Gesicht zu geben. Die Frage ist, ob dies etwas über CEDADE bzw. über die spanische Justiz aussagt, die die rechtspopulistische Politik von Premier Aznar von der Partido Popular ausführt. Eine Charakterisierung von CEDADE als Unternehmerorganisation' läßt sich als äußerst bemerkenswert bezeichnen, angesichts der Geschichte und den Aktivitäten der Organisation. Extra peinlich ist es, daß CEDADE als Organisation, die die Auslieferung des Kollaborateurs, Henkers und Mörders Auke Pattist zu verhindern wußte, nun als Mittel benutzt wird, um einen antifaschistischen Untersucher an Spanien auszuliefern. Antifaschistische Untersuchungsgruppe Kafka (Juni 2002) |