Amsterdam, den 20. Mai 2003
Oberster Gerichtshof entscheidet, dass Juanra an Spanien ausgeliefert werden darfAm 20. Mai hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass Juanra an Spanien ausgeliefert werden darf. Der Justizminister ist jedoch auf keine Weise an dieses Urteil gebunden. Er kann entscheiden, dass die Auslieferung von Juanra nicht stattfindet. Bereits mehr seit einem Jahr kämpft die Soligruppe Free Juanra gegen die Auslieferung von Juanra. Juanra läuft als Aktivist in Spanien ernsthaft das Risiko gefoltert zu werden und hat dort jetzt keine Chance auf einen fairen Prozess. Am 16. Januar 2002 wurde Juanra in Amsterdam festgenommen. In Spanien wurde er verdächtigt, Informationen an eine ETA-Zelle gegeben zu haben. Seitdem sitzt er - mit einer Unterbrechung von einigen Monaten - im Gefängnis im niederländischen Vught. Die Auslieferung von Juanra nach Spanien ist umstritten. Viele meinen, dass Juanra aus politischen Gründen verfolgt wird. Der Katalane Juanra (36) war in verschiedenen sozialen Bewegungen in Barcelona aktiv. Er trat regelmäßig als Pressesprecher der BesetzerInnenbewegung in Barcelona auf und er ist der Sänger der beliebten politischen Metal-Band KOP. Eine öffentliche Person, die aus ihrer Kritik an der brutalen Repression Spaniens gegen die baskische Unabhängigkeitsbewegung keinen Hehl machte. In Spanien läuft momentan eine Hexenjagd gegen alle, die grundsätzliche Kritik an der Regierung üben. In dem Kampf gegen die ETA werden BürgerInnenrechte in rasantem Tempo über Bord geworfen. Eine wichtige Theorie, die momentan hierfür benutzt wird, sagt aus, dass alle, die die gleichen Ziele wie die ETA verfolgen, aber mit anderen Mitteln ihr Ziel zu erreichen versuchen, Teil der ETA seien und somit auch als als solche verfolgt werden müssen. Wir sehen die Anklage gegen Juanra in dieser Perspektive. Während des Auslieferungsprozesses zeigte sich, dass die Beweise, die Spanien lieferte, sehr bedenklich waren. Die belastende Aussage, um die herum die Anklage aufgebaut ist, erwies sich als eine, die nachweisbar unter Folter erhalten worden ist. Erklärungen von verschiedenen Instanzen widersprechen sich. Die Anklage gegen Juanra wurde viermal entscheidend verändert. Selbst die Staatsanwältin gab zu, dass "Spanien ein Chaos daraus gemacht hat". Schließlich hat Juanra seinen Prozess aufgrund des Vertrauensprinzips verloren, das die EU-Länder untereinander abgesprochen haben. Hierbei wird ein blindes Vertrauen in den jeweils anderen Rechtssystemen gelegt. Von der Verteidigung wurden verschiedene Berichte von Menschenrechtsorganisationen vorgelegt (u.a. die Berichte von Amnesty International und Berichte von VN-Berichterstattern bezüglich Folter). Diese Berichte zeigen, dass Verdächtige in Spanien, sicherlich wenn sie verdächtigt werden, Kontakte zu ETA zu haben, regelmäßig gefoltert werden. In den ersten fünf Tagen der Haft (incomunicado' genannt), in denen die beschuldigte Person nach dem Antiterrorgesetz keinen Kontakt mit einem Anwalt/einer Anwältin oder einer Ärztin/einem Arzt haben darf, finden Folterungen vielfach statt. Auch danach passiert dies, aber in zynischem Wortlaut folgerte das Gericht, dass dies zwar individuell stattfindet, aber daraus nicht die Folgerung gezogen werden könne, dass Juanra ebenfalls gefoltert werden würde. Und falls dies doch geschehe, könne er doch beim spanischen Gericht klagen und anschließend beim Europäischen Gerichtshof? Dadurch wird also einfach an der Tatsache vorbeigegangen, dass diese Prozesse Jahre dauern und dass selbst die Fälle, die vor dem Europäischen Gerichtshof gewonnen werden, nicht zu irgendwelchen präventiven Maßnahmen in Spanien geführt haben. Das Gericht allerdings empfiehlt dem Minister in ihrem Urteil, Spanien um Garantien zu fragen, so dass Juanra bei der Ankunft in Madrid nicht in incomunicado'-Haft kommen soll, was an sich schon als sehr bemerkenswert genannt werden kann. Hierdurch erkennt das Gericht faktisch an, was Menschenrechtsorganisationen bereits jahrelang sagen, dass nämlich Spanien vor allem bei dieser Form der Haft regelmäßig Folter anwendet. Der Justizminister ist jedoch auf keine Weise an das Gerichtsurteil gebunden. Er kann entscheiden, dass die Auslieferung von Juanra nicht stattfindet. Wir vermuten jedoch, dass der Minister sich nicht die Wut Spaniens auf den Hals holen will und ein Auge zukneifen wird, wenn es um die Schändung von Juanras Bürgerrechten geht. Wir vermuten dann auch, dass der Minister die Empfehlung des Gerichts, Spanien um irgendeine Garantie zu fragen, nicht beachten wird, weil die Niederlande damit eigentlich anerkennen würden, dass Juanra in Spanien das Risiko läuft gefoltert zu werden. Indem sie ihre Interessen auf solch eine Weise abwägen, drohen die Niederlande mitschuldig an Folter und politischer Repression zu werden. Wir finden es falsch, dass Juanra, der abstreitet, bei ETA beteiligt (gewesen) zu sein, ausgeliefert wird. Er hat in Spanien momentan keine Chance auf einen fairen Prozess und droht dort gefoltert zu werden. Anstelle dessen müßte eine Diskussion entstehen über die heutigen EU-Auslieferungsverträge und das immer größere Spannungsfeld zwischen bürgerlichen Freiheiten und dem Ruf nach mehr Sicherheit. Soligruppe Free Juanra, Amsterdam (Die Soligruppe Free Juanra ist eine Initiative von Menschen, die mit Juanra befreundet sind und/oder sich mit dem Kampf, den er in Barcelona führte, verbunden fühlt.) Soligruppe Free Juanra Postbus 15727 |