16. Januar 2003: Die Niederlande sind seit einem Jahr aktiv mitschuldig an spanischer UnterdrückungHeute, am 16. Januar 2003, ist es genau ein Jahr her, dass in Amsterdam ein spezielles Sonderkommando der Polizei den katalanischen Aktivisten und Sänger Juanra Rodríguez festnahm. In der darauffolgenden Nacht stürmte ein riesiges Polizeiaufgebot das ehemalige besetzte Haus Vrankrijk', in dem Juanra vorübergehend wohnte. Nun, ein Jahr später, hat Juanra schon acht Monate unter verschärften
Umständen im niederländischen Knast Vught gesessen. Das darf nicht passieren! Aber zunächst eine Übersicht der Ereignisse bis heute: Schon schnell zeigte sich, dass der Überfall am 16. Januar 2003
im Auftrag Spaniens durchgeführt worden war. Dem spanischen Staatsanwalt
zufolge sei Juanra verdächtig, der baskischen SeparatistInnenbewegung
ETA Informationen verschafft zu haben. Inzwischen saß Juanra schon Monate unter Sonderhaftbedingungen
im Vughter Knast. Keine Bücher, kaum Besuch, 23 Stunden täglich
in der Zelle und immer alleine Hofgang. Die Niederlande wollten sich auch
mal stark zeigen und deutlich machen, dass sie bei den Großen'
mithalten können, wenn es um die Misshandlung von Terrorismus'-verdächtigten
Menschen ging
Selbstverständlich wollte Spanien das nicht auf sich sitzen lassen und dementsprechend wurde der Druck kräftig erhöht. Nein, nicht mit Beweisen; durch diese Art Lappalien lassen sich die spanischen Behörden bei ihrer Unterdrückung politischen Widerstandes nicht stören. Spanien hat eine lange, blutige und äußerst undemokratische Tradition hoch zu halten. Dies ist das Land, in dem in den 1980ern die SozialdemokratInnen Todeskader (die sogenannte GAL) benutzten. Und das Land, in dem nunmehr seit Jahren die Partido Popular (PP) an der Macht ist, die politische Erbin Francos. Diese Partei hat einen totalen Krieg gegen die baskische Unabhängigkeitsbewegung entfesselt. Politische Parteien, Zeitungen, Jugendorganisationen, Gewerkschaften, alles ist zur Zeit verboten. Aber die Repression betrifft nicht nur baskische Menschen und Organisationen. Spanien stellte im Jahr 2002 innerhalb Europas vor, auch die Antiglobalisierungsbewegung von nun an als terroristisch' zu bestempeln. Und auch viele andere soziale Bewegungen werden kriminalisiert durch unbegründete Bezichtigungen von mutmaßlicher Unterstützung der ETA. Auch der europäische Auslieferungsvertrag von 1996 wurde wörtlich von Spanien geschrieben. Kurz davor hatte sich Belgien geweigert, zwei Basken an Spanien auszuliefern, da sie dort auf keine Weise einen fairen Prozess zu erwarten hätten. Es gelang der wütenden spanischen Regierung, den gesamten Auslieferungsvertrag zu ändern. Von jetzt an würde innerhalb der EU per Definition kein politisch motivierter Widerstand gegen Auslieferungen stattfinden können. Ganz einfach, weil in dem Vertrag behauptet wird, dass alle EU-Länder vorbildliche Demokratien seien, und somit, dass einE RichterIn in einem anderen EU-Land bei einem Auslieferungsersuchen keine Fragen mehr stellen dürfe Auch Foltermethoden - die jährlichen Amnesty-Berichte sprechen Bände über Spanien - dürfen kein Grund mehr sein, eine Auslieferung zu verweigeren. Im Verfahren gegen Juanra ging es bis jetzt so, wie Spanien es erhofft hatte. Im Juli 2002 gab es eine untaugliche definitive' Version der Beschuldigungen, noch stets ohne einen einzigen stichhaltigen Beweis. Aber das schien dem niederländischen Richter kein Hindernis, um Auslieferung trotzdem für zulässig zu erachten, unter dem Motto "es stimmt überhaupt nichts, aber das untersuchen die in Spanien mal weiter". Selbstverständlich - wir sind schließlich ein zivilisiertes Land - war mensch schon besorgt' über die Foltermethoden in Spanien, aber daraus kann doch nicht geschlossen werden, dass Juanra gefoltert werden würde. Und falls das dennoch passieren sollte, könne er doch beim Gerichtshof in Straßburg klagen? Außerdem würde der Richter den Minister fragen, ob Juanra während der ersten fünf Tage doch lieber nicht in die gebräuchliche Isolationshaft kommt. Problem gelöst, Hände in Unschuld gewaschen. Ein kleiner Schönheitsfehler bleibt schon noch: der Richter sah
nicht ein, warum Juanra sein Auslieferungsverfahren im Gefängnis
abwarten sollte. Er hatte sich ja jedes Mal freiwillig zu jedem Prozeßtermin
gemeldet. Daraufhin beschloß die Staatsanwaltschaft selbst einzugreifen:
Auslieferung war nicht genug. Nein, die Niederlande wollten selbst auch
gerne eine Strafe verhängen. Sie wissen schon, 11. September und
so weiter. Sicherheit! Strafe! Repression! Damit muß es endlich
mal abgelaufen sein! Unser Ansehen in der Welt! Am 4. Febraur 2003 wird der Oberste Gerichtshof der Niederlande über die Revision, die Juanras Anwalt eingereicht hatte, entscheiden. Sollte das Urteil negativ ausfallen (und, wie schon gesagt, Spanien hat alles dazu getan, Auslieferungen innerhalb der EU so einfach möglich zu machen), dann muß danach die/der neue JustizministerIn oder der amtierende Justizminister Donner über diese politisch heikle Auslieferung entscheiden [Bem.: Am 22. Januar 2003 finden in den Niederlanden Wahlen zur Zweiten Kammer' statt, vergleichbar den Bundestagswahlen]. Der heutige Minister hat letzte Woche gezeigt, was er von den Menschenrechten des Rechtsstaates hält: ohne auch nur die Staatsanwaltschaft zu unterrichten, wurde ganz im geheimen Mullah Krekar nach Norwegen ausgeliefert. Nur die amerikanische Regierung wurde darüber in Kenntnis gesetzt. Dabei schreckte er selbst nicht davor zurück, zwei Anwälte Krekars eine Nacht über einzuknasten. Schon früher zog Donner die Aufmerksamkeit durch Notgesetze auf sich und indem er, über seine Befugtheiten weit hinausgehend, selbst außerhalb des Gesetzes und internationaler Menschenrechtsverträge trat. Von Justizminister Donner läßt sich also nicht viel Gutes erwarten. Es liegt dann auch an uns, zusammen mit möglichst vielen Menschen den politischen Druck auf ihn oder seiner/m NachfolgerIn zu erhöhen. Dabei hoffen wir mit Eurer Unterstützung rechnen zu können. Haltet Ohren und Augen auf für Ankündigungen! Keine Auslieferung von Juanra! Soligruppe Free Juanra |